Digitaler Kundenservice 2019

Aus dem Unterricht Digitaler Service des CAS ​Sales & Distribution​ 2019 ​berichtet​ Andre Reichenbach

Warum digitaler Kundenservice immer wichtiger wird

Kunden erwarten heute von Unternehmen immer mehr erstklassige Kundenservices. Die Unternehmen ihrerseits versuchen wiederum den bestmöglichen Service zu bieten, indem Sie ihre Kundenservices auf verschiedene Kanäle ausweiten und mittels Apps, Social Media, Live-Chats und sogar Chatbots bereitstellen. Doch was ist eigentlich ein digitaler Service? Der Begriff «Digitaler Service» bezieht sich auf die elektronische Bereitstellung von Informationen einschliesslich Daten und Inhalten über mehrere Plattformen und Geräte wie Web oder Mobile. Digitale Services sind weitgehend automatisiert oder erfordern nur minimale menschliche Eingriffe, basieren in der Regel auf grosse Datenmengen und werden als immaterielles Gut bezeichnet. Sie werden entweder digital konsumiert (z.B. YouTube.com) oder durch Technologien unterstützt (z.B. Airbnb.com). Je nach Betrachtungsweise gibt es auch Mischformen davon (z.B. sbb.ch).

Kernelemente von digitalen Services

  • Proactive decision making: «Digital» hilft bessere und raschere Entscheidungen zu fällen. Relevant ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren im digitalen Zeitalter. Digitale Services nutzen daher Daten, um intelligente Entscheide zur Personalisierung der Customer Experience zu treffen
  • Contextual interactivity: Interaktionen werden personalisiert ausgestattet, so dass sie im Kontext des Kunden bestmöglichen Mehrwert stiften. Zusätzlich wird die Art der Interaktion analysiert, um den Service weiter den Kundenbedürfnissen anzupassen.
  • Real-time automation: Die Personalisierung der Interaktion basierend auf den gesammelten Daten sowie der Analyse des Kontextes. Dies muss automatisiert und in real-time erfolgen.
  • Journey focused innovation: Der Fokus muss dabei auf der gesamten Customer Journey liegen, schliesslich ist das Ziel keine einmalige Interaktion, sondern eine sich stetig verbessernde Experience basierend auf den vergangenen Interaktionen und damit der Aufbau einer langfristigen Kundenbindung.

Krankenkassen machen sich den digitalen Kundenservice zur Aufgabe

Die Bankenbranche hat es vorgemacht und bietet seit längerer Zeit verschiedene digitale Services an. Die Versicherungsindustrie hingegen hinkt zwar noch hinterher, aber es gibt auch in dieser Branche gute Gründe für einen gut funktionierenden digitalen Kundenservice. Ein schlechter Kundenservice kann dazu führen, dass der (unzufriedene) Kunde im schlimmsten Fall den Anbieter wechselt bzw. die Beziehung zum Unternehmen ganz abbricht. Er erwartet generell eine schnelle Reaktion auf seine Anfrage und das er über seinen bevorzugten Kanal erreicht wird. Self-Service wird nicht nur akzeptiert, sondern erwartet. Der Grossteil der Kunden möchte nicht zum Telefon greifen, um eine Antwort zu erhalten. Sanitas, eine grosse Schweizer Krankenkasse, hat sich daher für ihre digitalen Services folgende Ziele gesetzt:

  1. Erfüllung des Kundenbedürfnisses nach digitalen Kanälen
  2. Steigerung der Interaktionsfrequenz mit den Kunden
  3. Sammlung von Daten zu Kundenpräferenzen
  4. Senkung der Kosten durch Self-Service und Prävention

Wie ein digitaler Service entwickelt werden sollte

Bevor ein digitaler Service «live» geht, sollte er verschiedene Entwicklungsphasen durchlaufen. In einer ersten Phase wird das Verständnis für die Herausforderung entwickelt und das Problem definiert. In der zweiten Phase wird die Idee entwickelt, getestet und optimiert. Das heisst, man liefert dem Kunden noch kein fertiges Produkt, kein Feature, keine Dienstleistung, sondern lernt, wie man zuerst ein Kundenproblem löst.

Digitale Services eröffnen neue Chancen, aber auch Gefahren

Am Beispiel von Uber, dem heute weltweit grössten Taxi-Unternehmen, wurde das Kundenproblem erkannt und der digitale Service erstklassig umgesetzt. Mittels einer App können sich in mehr als 600 Städten Menschen auf Knopfdruck mit professionellen Fahrern verbinden – ohne dass Uber eine eigene Taxi- bzw. Fahrzeugflotte besitzt. Die Fahrzeuge haben keinen festen Standplatz, kein Taxi-Schild auf dem Dach und werden ausschliesslich über die Uber App bestellt. Registrierte Benutzer erfahren wie lange die Fahrt voraussichtlich dauern und kosten wird. Bezahlt wird via Kreditkarte, 20 Prozent des Fahrpreises behält Uber, der Rest geht an den Fahrer, welcher nach einer Fahrt vom Kunden bewertet werden kann (Kundenzufriedenheitsrating). Die gesamte Abwicklung, Interface und Schnittstelle zum Kunden sowie User Journey findet über die Uber App statt. Zum Erfolg des Unternehmens haben beigetragen, dass die App für die Nutzer äusserst bequem und einfach zu handhaben ist und die Fahrtpreise 30-40% günstiger sind als bei regulären Taxi-Unternehmen. Zudem kann Uber sein Geschäftsmodell skalieren, um in weiteren Ländern und Regionen seinen Fahrdienst einzuführen und zu betreiben. Allerdings birgt dieses kostspielige Expansionsvorhaben auch Gefahren. Das Unternehmen schreibt weiterhin Milliardenverluste und kämpft mit Widerstand aus der Taxibranche. Europaweite Protestwellen, so auch in der Schweiz, setzen das Unternehmen unter Druck und kritisieren dessen Geschäftsmodell. Dies hatte auch Auswirkungen an der Börse. Beim Börsendebüt in New York am 15. Mai 2019 wurden die Uber Aktien auf Talfahrt geschickt.

Fazit
Ein guter digitaler Service beginnt schon bei der Customer Journey und einem professionellen
Kundenservice im Hintergrund. Darüber hinaus sorgen intelligente Technologien dafür, dass dem
Kunden personalisierter, effizienter, schneller und besser geholfen wird. Das Ergebnis sind
Effizienzsteigerung, Kostensenkungen und das wichtigste: Zufriedene Kunden.
Weiterführende Links:

– Wissenschaft & Forschung: Aktuelle Studie Digitaler Kundenservice
– Zukunft Kundenkommunikation: Die wichtigsten Social-Media-Trends für den Kundenservice
– YouTube: Beispiel Digitaler Kundenservice über alle Kanäle hinweg (englische Version)

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